Zurück zur Propellerkennlinie

Schon öfter haben wir von der „Propellerkennlinie“ gesprochen. Sie ist eigentlich von höchster Relevanz, um einen Boots-Antrieb auszulegen, denn sie beschreibt, wieviel Drehmoment der Propeller bei welcher Drehzahl benötigt. Leider haben wir selbst auf Nachfrage beim Hersteller keine Angaben zu unserem Propeller erhalten und mussten uns an den Kenngrößen der alten Maschine orientieren.
Jetzt, wo der Elektromotor eingebaut ist, haben wir über messbare Größen die Propellerkennlinie unseres zweiflügligen 12“ x 9“ Gori-Propellers rekonstruiert.
Diese Rekonstruktion ermöglicht unter anderem sich zu veranschaulichen, wo im Arbeitsbereich des Elektromotors wir uns beim Motoren auf unterschiedlichen Drehzahlen gerade befinden. Außerdem kann man sich überlegen, wie der Antrieb bei einer 2:1-Untersetzung funktionieren würde.

Um auf die Propellerkennlinie zu schließen, haben wir den Antrieb auf definierten Drehzahlen laufen lassen und die aus dem Akku geszogene Leistung abgelesen. Über den Zusammenhang P=2*pi*M*n kann man so auf das wirkende Moment schließen. Es ist klar, dass jegliche Verluste in dieser Rechnung somit vernachlässigt werden. Wir gehen also davon aus, dass die gesamte elektrische Leistung in mechanische Leistung umgewandelt wird. Aus dem Grund haben wir auch nur den unteren Drehzahlbereich rekonstruiert, da mit steigendem Moment und steigender Schaltfrequenz auch die Verluste erheblich steigen. Den Rest der Propellerkennlinie, die ihren typischen quadratischen Verlauf aufweist, hat uns dann Excel dann als Trendlinie erstellt.

Um herauszufinden in welchem Bereich wir uns beim Propellern befinden, haben wir die M-n-Kennlinie des Motors und die Propellerkennlinie übereinander gelegt:

Die M-n-Kennlinie beschreibt den Verlauf des Drehmomentes (M) über den Drehazahlbereich (n).

Es ist offensichtlich, dass nur ein kleiner Teil des Arbeitsbereiches des Motors zum Propellern in Anspruch genommen wird. Dies gilt insbesondere im stationären Betrieb (also konstanter Drehzahl). Außerdem befinden wir uns fernab des Nennbetriebes der Maschine. Im Nennbetrieb gibt der Motor seine Nennleistung von 5kW ab. Die maximale mechanische Leistung, die der Motor in Kombination mit dem direkt gekuppelten Propeller abgibt, beträgt rund 2,5kW. Es ist der Schnittpunkt der M-n-Kennlinie des Motors und der Propellerkennlinie (28Nm bei einer Drehazhl von 850 1/min). Dieser aus der Grafik ablesbare Betriebspunkt entspricht ziemlich genau auch unserer Erfahrung. Denn ab rund 900 1/min konnte der Motor die Drehzahl nicht mehr steigern. Sein maximales Drehmoment war erreicht.

Wie sähe es jetzt theoretisch mit einer Untersetzung aus?

Wo wir die Propellerkennlinie jetzt schon haben, ist es natürlich spannend zu überlegen, wie der Antrieb mit Untersetzung funktionieren würde. Auch diese Betrachtung ist ideal und vernachlässigt jegliche Verluste.
Bei der geplanten Untersetzung hätte sich die Drehzahl halbiert und das Drehmoment verdoppelt (rote M-n-Kennlinie). Wenn man jetzt vom Schnittpunkt der M-n-Kennlinie mit der Propellerkennlinie runter lotet, kommt man auf eine maximal erreichbare Drehzahl von rund 1150 1/min. Hier beträgt die mechanische Leistung rund 6kW.
In beiden Grafiken ist auch jeweils der Betriebspunkt bei Nennbelastung (14Nm auf der Motorwelle) eingezeichnet. An diesem Punkt kann der Antrieb für lange Zeit laufen, ohne dass die Temperatur des Motors stetig ansteigt.

Was konnte die alte 11,5kW Dieselmaschine im Vergleich? Die Antwort lautet: auch nicht viel mehr.

Die Maschine hatte zwar über ihren gesamten Drehzahlbereich ein mehr oder weniger konstantes Drehmoment von 25-30Nm (im Mittel also genauso viel wie unser 5kW-Elektromotor im Drehzahlbereich bis 2.300 1/min), aber ihren Nennbetriebspunkt bei 3.600 1/min, bei dem sie ihre Nennleistung von 11,5kW abgeben konnte. Wie die Propellerkennlinie zeigt, wurde dieser Betriebpunkt aber auch nie erreicht. Direkt an den Propeller gekuppelt, hat die Maschine die Drehzahl auch nicht höher als 850 1/min steigern können (also auch eine maximale Leistung von 2,5kW) und mit dem integrierten 2:1-Getriebe, hat sie im Idealfall vielleicht eine Drehzahl von 1.250 1/min erreicht.

Ein kleines Fazit:

Die Propellerkennlinie zu kennen, ist eigentlich notwendig, um den Antrieb richtig auszulegen. Ansonsten muss man sich an den Kenndaten der vorherigen Maschine orientieren. Dabei ist es vor allem wichtig das Drehmoment zu kennen, nicht die Nennleistung.
Unsere Überlegung eine Untersetzung zu nutzen, um das Drehmoment zu steigern war sinnvoll, da wir mit der direkten Kupplung nicht auf die Drehzahl kommen, die wir angepeilt hatten. Andererseits brauchen wir für unsere Zwecke auch keine 1.150 1/min. Bei Vollgas laufen wir auch schon unsere 5,5 Knoten Rumpfgeschwindigkeit.
Die direkte Kupplung eignet sich vor allem, um im unteren Drehzahlbereich (bei uns bis 500-600 1/min) sehr effizient propellern zu können. Hier laufen wir mit der Timpe Te bei Flaute unsere drei bis vier Knoten Reisegeschwindigkeit. Es gibt allerdings wenig „Reserve“, um bei Strömung oder Wind gegenan zu kommen. Um diese Reserve auch aus Sicherheit zu haben, muss also eine Untersetzung genutzt werden. Dafür muss man dann die Verluste im Riementrieb einstecken.
Allgemein kann man also sagen, dass es eine Frage der Anwendung bzw. des Einsatzes des Motors als Antrieb ist. Für unsere Zwecke als Flautenschieber und Manövrierhilfe ist die direkte Kupplung wahrscheinlich sogar die bessere Wahl gewesen.